Ich geh steil – mein erstes Mal Bahnrad

 

„Also im Fernsehen sieht das nicht so steil aus. Das ist schon ziemlich steil - da soll ich rauf? Mit diesen schmalen Reifen? Das rutscht doch! Ganz sicher rutscht das, kann mir keiner erzählen dass das nicht rutscht!!“

Bahnrad Theorie...

Ich bin mit dem VCP Basel im Velodrome Suisse in Grenchen, der Verein hat die komplette Bahn für einen Schnupperkurs gebucht. 23 (??) Mann und Frau wollen gut behütet von 3 Instruktoren ihre ersten Runden im Oval wagen. 2 Stunden Zeit um einen ersten Eindruck zu kriegen - nicht viel wenn man bedenkt an was es sich alles zu gewöhnen gilt: starrer Gang, keine Bremsen, Steilwandfahren. Und ein bisschen Theorie gibt es natürlich auch.

So lerne ich erst mal wie steil „ziemlich steil“ genau ist - bis zu 46 Grad in den Kurven. Was im Bahnvergleich sogar noch recht moderat ist, die mobilen Sechstagebahnen sind kürzer und steiler (in Bremen z.B. 166m statt 250m hier, und 58 Grad). Finde ich trotzdem sehr beeindruckend, die Bahn ist in den Kurven immerhin auch 7m hoch, aber es wird uns versichert: da rutscht nichts. Jedenfalls solange man schnell genug ist, also schön das Tempo vom Trainer halten und sowieso einfach das machen, was der macht, dann kann nichts passieren.

... und Praxis

Dann wird noch kurz erklärt wie man ohne Bremsen den Abstand zum Vordermann regulieren kann und es geht direkt in kleinen Gruppen auf die Räder und los, ab ins kalte Wasser.  Ein paar wenige Runden auf der flachen Auslaufbahn um uns zumindest kurz an den starren Gang zu gewöhnen, dann schon auf die Schräge. Natürlich nicht direkt die vollen 46 Grad, wir bleiben erst mal weiter unten - aber auch das fühlt sich schon wild an. Und zu meinem Entsetzen meint der Instruktor wohl wir machen uns ganz gut und zieht weiter die Bahn rauf, auf die blaue Linie (Kopfkino in dem Moment: „wow, shit!!!“).

Ich merke, wie ich total verkrampft den Lenker festhalte und jede Menge Adrenalin ausschütte, denn noch glaub ich nicht dran, dass da nichts rutscht. In jeder Kurve rechne ich wieder damit, mich mit dem Rad lang zu machen… Aber - oh Wunder - ich rutsche wirklich nicht! Selbst über die bunte Werbung darf man fahren die auf die Bahn gepinselt ist, nicht wie auf der Straße wo ich eigentlich versuche, jede Fahrbahnmarkierung zu vermeiden.

Face your fears

Es dauert allerdings mehr als ein paar Runden, das auch zu verinnerlichen. Ehrlich gesagt nehme ich mir auch die eine oder andere Pause zum Durchatmen und Nerven beruhigen. Und um den Nacken und die Hände zu lockern - beim Anhalten hab ich dann erst so richtig gemerkt wie verkrampft ich auf dem Rad saß. Das merke ich auch am Tag danach noch deutlich, Muskelkater in Schultern und den Unterarmen, aber nicht in den Beinen… 

Aber die Angst kickt auch, vor allem das trotzdem-da-hoch-fahren. Und wenn der Trainer sagt „das geht schon“, was soll passieren? Also wieder rauf auf die Bahn und noch ein Stückchen höher!

Läuft langsam

Nachdem der Körper dann auch anfängt, das zu glauben, macht es wirklich Spaß. An das Fahren mit dem starren Gang hab ich mich (bzw. wir uns) überraschend schnell gewöhnt. Und so fängt der Trainer an, ein paar Übungen zu fahren, Führungswechsel, Beschleunigungen aus den Kurven heraus (den Schwung bergab mitnehmen!) und: Rundengewinn. Die Gruppe fährt auf der blauen Linie (sozusagen die Mittelspur), einer schert aus und gibt auf der schwarzen Linie („unten“) so lange Vollgas, bis die Gruppe wieder eingeholt ist. Irre anstrengend, leicht schwindlig wurde mir dabei von den Kurven aber: Riesenspaß!

Ein bisschen knifflig sind teilweise die Situationen mit den vielen Leuten auf der Bahn. Wir sind zwar nur gut 20 Leute, im freien Training fahren hier wohl auch bis zu 60. Aber ab und an wird es trotzdem eng und wir haben ja auch alle noch gut mit uns, den Rädern und der Bahn zu tun. Jedenfalls gibt es ein paar Momente in denen ich denke „hoppla, das war knapp“. Passiert ist aber zum Glück nichts.

In den Gesprächen nachher mit den Leuten kam dann raus, dass andere teilweise gar keinen Respekt vor der Höhe und der Neigung hatten - was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Dafür hatten die dann allerdings Probleme mit so vielen Leuten so schnell und eng zusammen zu fahren - was ich durchaus nachvollziehen kann. 

Ich komme wieder 

Aber ich glaube irgend einem Dämon ist in den 2 Stunden jeder Bahnanfänger begegnet, nach dem Motto „face your fear“. Für mich war es jedenfalls ein Tag deutlich außerhalb meiner Komfortzone wie es so schön heißt. Und was soll ich sagen: es lohnt sich total da ab und zu mal rauszukommen!

Und in diesem Fall die Grenze etwas zu verschieben und die Komfortzone ein Stück größer zu machen. Denn soviel ist sicher: das wird nicht mein letzter Tag auf der Bahn gewesen sein, ich komme wieder!

 

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