Sixdays Bremen

Rennrad und Ballermann - Sixdays Bremen

Ich war gefühlt 100 Mal auf Mallorca und habe es jedes Mal geschafft nicht zum Ballermann zu gehen. Naja, was heisst „geschafft“ - war ja überhaupt nicht schwer. Einfach Augen auf bei der Hotelwahl und schon ahnt man nicht mal, dass es noch eine zweite Parallelwelt gibt - wo die Leute in Muskelshirts und High Heels statt Lycra und Klickpedalen unterwegs sind.  Und zu den Zeiten, wo sich die Fahrrad- und die Partysaison überschneiden trifft man sich kurz im Flieger und lebt dann auf der Insel friedlich nebeneinander her, ohne sich überhaupt zu begegnen. So nah und doch so fern - und wahrscheinlich auch für beide Seiten ganz gut so.  Das war dieses Wochenende deutlich anders, für ein paar Abende mischen sich diese zwei Welten und es gibt kein Entkommen! 

Schatzi, schenk mir ein Foto

Da geht man auf eine traditionsreiche Sportveranstaltung, besetzt mit einem durchaus hochkarätigen Fahrerfeld, und wann ist die Halle komplett voll und die Stimmung kocht so richtig? Wenn Mickie Krause kommt (wer es nicht weiß: dass ist der mit den 10 nackten Friseusen).

Naja, man hatte mich „gewarnt“ am Wochenende auf die Sixdays zu gehen. Und so auf den ersten Blick sieht das auch alles mehr nach Party aus als nach Sport - jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass der Kerl im Einhornkostüm gleich den Fahrern zujubelt. Der wird mit seinen Kumpels wohl eher den Junggesellinnenabschieden hinterher in Richtung Halle 4 wanken. Ich wähle die andere Richtung und verschwinde Richtung Radbahn…

Dein Rennen?

In den Katakomben fahren sich die Junioren warm, außerdem sieht man ein paar Jedermänner und -frauen die sich auf „Dein Rennen“ vorbereiten. Zum zweiten Mal gibt es bei den Sixdays für Hobbyfahrer die Chance sich am Rundenrekord zu versuchen, aus mehr als 200 Männern und Frauen haben sich 12 qualifiziert um in Halbfinale und Finale die schnellste Runde unter sich auszumachen. Und die ist dann auch ganz schön schnell, Respekt! Eine super Sache finde ich und wenn ich gewusst hätte, dass man sich Freitagvormittag noch qualifizieren konnte hätte ich sicher aus das Rad eingepackt… Vorsatz für das nächste Jahr: besser recherchieren. Und mehr Bahnfahren, eh klar.

Und los geht’s

Im Innenraum ist aber noch alles leer. Bei den Junioren sind nur ein paar wenige Zuschauer, das ändert sich dann aber mit der Präsentation der Fahrer: Langsam füllt sich die Halle, und es beginnt das Profi-Programm. Die ganzen verschiedenen Wettbewerbe (Sprints, Keirin, Zeitfahren, Derny, Jagden klein & groß und noch ein paar Sachen…) sind dann auf den ersten (oder auch zweiten oder dritten) Blick recht verwirrend, das versuche ich hier mal gar nicht zu beschreiben. Die Stadionsprecher machen da einen durchaus anständigen Job, und wenn man sich ein bisschen mehr damit beschäftigt kommt man schon auch dahinter wie das alles so funktioniert. Am spannendsten sind finde ich sowieso die Jagden, wenn alle 24 Fahrer gemeinsam auf der Bahn unterwegs sind. Nicht einfach, da den Überblick zu behalten, aber das macht auch den Reiz aus: Immer was los auf der Bahn, ständig Action. Und die Teams liefern eine super Show ab, da schenkt sich niemand was. Bis zum Ende ganz großer Sport!

Drumrum so

Zwischendrin ist immer mal wieder Zeit kurz das Rahmenprogramm zu checken. Die Fahrradinitiative der Stadt Bremen, Bike-It ist da und hat ein Mini-Velodrom mitgebracht, außerdem stellen sich die Bremer Sportvereine vor, aber so richtig zieht beides am Wochenende nicht. Da gehen der mobile „Kleiner Feigling“ Stand und die Bratwurstbuden deutlich besser. Und die Stars am Kindertag sind leider auch keine Fahrradfahrer, sondern Youtube-Stars, die Schminktipps geben. Ich find’s schade und hatte eigentlich auch die Hoffnung, es würde vielleicht mit mehr Sport und weniger Party gehen. Scheinbar nicht. Oder hoffentlich  noch nicht, zumindest auf der Straße wird der Radsport ja wieder bekannter…

Sollte man? Ja, sollte man.

Auch wenn die Party am Wochenende gefühlt im Vordergrund stand - ich kann trotzdem nur jedem empfehlen sich das mal anzugucken. Am besten sicherlich am letzten Tag, den Dienstag - da gibt es in der letzten großen Jagd die finale Entscheidung und immer noch mal richtig Alarm. Und am allerbesten natürlich, nachdem man selbst mal auf einer Bahn war. Seitdem ich meine erste Runden da gedreht habe ist mein Respekt vor dem, was die da leisten noch mal ordentlich gewachsen.

Ich hab ja durchaus Hoffnung, dass in den nächsten Jahren auch der Sport mehr im Vordergrund steht. Die Bahnrennen haben ja einen jahrelangen Rückgang hinter sich, aber so langsam gibt es Anzeichen, dass sich das wieder ändert. Die Frauenszene wird professioneller und hat in Bremen auch ein super Rennen abgeliefert, die Jedermänner und -frauen kommen auch immer öfter zum Zug (in Berlin die Wochen drauf ebenfalls) und mit den erfolgreichen Deutschen im Straßenradsport steigt da hoffentlich auch das Interesse. Und bis dahin müssen uns halt die Ballermänner und Mickie Krause Fans ein wenig unterstützen, die kennen wir ja wie gesagt sowieso schon aus dem Flieger nach Mallorca….

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